Kundensegmentierung ermöglicht Finanzinstitutionen eine differenzierte Kundenansprache und bietet eine Reihe von Vorteilen. Hervorzuheben ist hierbei die Steigerung des Produktabsatzes und damit die Steigerung des Zins- und Provisionsertrags im Retail Banking bzw. des Prämienergebnisses für Retail Insurance. Dennoch nutzen Banken und Versicherungen derzeit oft noch keine modernen, auf Machine Learning basierten Möglichkeiten, um die angestrebten Vorteile zu erzielen.
In diesem Blogbeitrag zeigen wir Ihnen:
- Wie Finanzinstitutionen ihre Kunden mit heterogenen Bedürfnissen in wenige homogene Segmente einteilen können.
- Weshalb eine ML-basierte Segmentierung eine bessere Zielgruppenansprache und Markenpositionierung erlaubt.
- Wie eine ML-basierte Segmentierung im operativen Betrieb genutzt werden kann.
Kundenansprache zur richtigen Zeit, zum richtigen Produkt, am richtigen Touchpoint
Traditionell nutzen Banken und Versicherungen physische Touchpoints zur Kundenansprache: Postsendungen, Geschäftsstellen, persönliche Besuche oder auch Telefonansprache. Im Zuge der Digitalisierung gewinnen jedoch neue Touchpoints wie E-Mail, Internetauftritt und -werbung oder auch soziale Medien (LinkedIn, Twitter, Facebook) eine immer stärkere Bedeutung.
Eine einheitliche Neukundenansprache nach dem Gießkannenprinzip im Sinne eines „One-Ad-fits-them-all“ oder eine Kampagne per Postwurfsendung verursacht hohe Kosten und ist wenig effektiv. Nur ein Bruchteil der Adressaten kommt dem erhofften Call-to-Action nach. Die entscheidende Frage ist nur, welche Kunden reagieren auf welche Art der Kundensprache und auf welche angebotenen Produkte?
Eine ähnliche Frage stellt sich beim Cross-Selling von Bank- und Versicherungsprodukten: An welchem Produkt ist ein Bestandskunde als nächstes interessiert und an welchen Produkten nicht? Und über welche Touchpoints möchte der Bestandskunde angesprochen werden und über welche nicht?
Die Unterteilung von Kunden in Segmente – die auch als Kundenprofile oder Personas verstanden werden können, sofern diese weiter interpretiert werden – beantwortet einen Großteil dieser Fragen. Die der Bank oder Versicherung vorliegenden Daten erlauben es meist, einen einzelnen Kunden einem Kundenprofil zuzuordnen. Jedes Kundenprofil wiederum passt zu einem geeigneten Marketing-Mix, wie eigenem spezifischen Stil der Kundenansprache, einem dedizierten Marketing-Kanal bzw. Touchpoint wie z.B. Social-Media-Kanäle und einem geeigneten Timing der Ansprache. Die Ansprache auf einen bestimmten Finanztag erfolgt dann nur bei Kunden, die auf Basis ihrer Merkmale und ihres Verhaltens ein Interesse für die dort vorgestellten Bank- oder Versicherungsprodukte vermuten lassen. Zusätzlich erfolgt die Ansprache vorwiegend über den Kanal, den der Kunde für Anmeldungen an ein Event nutzen möchte.
Doch wie können die Kunden in homogene Segmente unterteilt werden? Diese Antwort gibt Machine Learning.
Kundensegmentierung mittels Machine Learning
Mittels maschinellen Lernens kann eine Vielzahl an Datenquellen für große Kundenbestände von Millionen von Kunden auf Muster hin untersucht werden. Als Input stehen dabei Daten aus folgenden Quellen zur Verfügung:
- Kundendaten: Alter, Geschlecht, Einkommenskategorie, Geographische Daten
- Technologische Daten: Kommunikationsweg (physisch vs. technologisch), genutzte Social-Media-Kanäle
- Verhaltensdaten: Filial-Frequentierung, Frequentierung Online-Portal, Anzahl Transaktionen, Anzahl Produkte, Preissensitivität, Risikobereitschaft
- Lebensphase: Familiensituation (Familienstand, Anzahl Kinder), Zeitpunkt Heirat, Geburt Kinder, Hauskauf
Jeder Kunde und dessen Historie wird durch die in den Daten befindlichen Attribute umschrieben. Nach der Aufbereitung der Daten handelt es sich hierbei um Zahlenvektoren, sprich jeder Kunde wird durch eine Aneinanderreihung von Zahlenwerten umschrieben. Diese Merkmalsvektoren dienen als Grundlage für das maschinelle Lernen (unsupervised). Im Falle der Kundensegmentierung greifen wir zumeist auf eine Reihe unterschiedlicher Algorithmen zurück, die zuerst die Datenbasis komprimieren und anschließend ähnliche Kunden in Segmente gruppieren (sog. Clustering). Diese resultierenden Kundensegmente sind die Ausgangsbasis für alle weiteren Betrachtungen.
Ergebnis: Verbesserung des Target-Marketings, der Markenpositionierung und der Profitabilität
Die gebildeten Kundensegmente charakterisieren und unterteilen den bestehenden Kundenstamm und ermöglichen eine für Vertrieb und Marketing leicht umsetzbare kundenspezifische Ansprache. Die aufbereiteten Kundendaten wie auch die Ergebnisse aus der Kundensegmentierung laufen in ein Empfehlungssystem ein. Beim Bau dieses Empfehlungssystems können unterschiedliche Verfahren eingesetzt werden, wie z.B. Content-based Filtermethoden und collaborative Filtermethoden. Das Empfehlungssystem schlägt dann konkrete Aktionen für das Targeting-Marketing vor, d.h. wann dem jeweiligen Kunden welches Produkt über welchen Kommunikationskanal vorgeschlagen werden soll.
Abb. 1: Zielgerichtete & maßgeschneiderte Ansprache zur Realisierung von Cross-Selling Potentialen
Die Abbildung präsentiert ein Beispiel für ein interaktives und intuitiv zu bedienendes Bestandskunden-Dashboard zur Abbildung der Kundensegmentierung in Microsoft Power BI. Es zeigt dem Anwender auf einen Blick die Kennzahlen und Ergebnisse aus der Kundensegmentierung und Empfehlungen für das Target-Marketing und das Kundenmanagement:
- Wie häufig hatte ein Kundensegment Kontakt (Frequentierung)?
- Wie sieht das typische Produktportfolio dieses Segments aus?
- Welchen Kommunikationskanal nutzt das Kundensegment?
- Wann sollte der Kunde angesprochen werden (Timing)?
Durch das konsequente Verwenden von offenen Technologien und etablierten Reporting Tools wie Microsoft Power BI, haben Sie alle Erweiterungsmöglichkeiten selbst in der Hand!