Die aktuelle wirtschaftliche Dynamik und die vielfältigen geopolitischen Herausforderungen haben den Fokus für CFOs verschoben: Es gilt die Zukunftsfähigkeit jetzt sicherzustellen. Agilität ist dabei das Gebot der Stunde. Diese dreiteilig Serie zeigt den Weg zu einer zeitgemäßen Form von Financial Close Process und Konsolidierung. Der erste Teil widmet sich den Grundlagen, mit denen Unternehmen die Voraussetzungen für diesen Weg schaffen.
Der Weg zu Reifegrad, Roadmap und einer integrierten Finanzplattform
Die aktuellen Herausforderungen für den CFO sind nicht grundsätzlich anders als die bisherigen, sie unterscheiden sich nur in einem wesentlichen Punkt: Nun geht es vor allem darum, die Überlebensfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Unerwartete Preiseffekte, Lieferkettenprobleme und Ressourcenengpässe, gepaart mit verändertem Kundenverhalten: Das aktuelle Krisenszenario macht es erforderlich, rasch auf die Gegebenheiten zu reagieren und „agil“ durch die Krise zu manövrieren. Doch das gelingt nur, wenn Informationen zur Entscheidungsfindung rasch verfügbar und nachvollziehbar sind.
Viele Unternehmen müssen dabei feststellen, dass ihre „legacy Systeme“ dafür nicht mehr ausreichen. Entsprechend ist es Zeit, den gesamten Prozess der Informationsgewinnung durchgängig neu zu gestalten und an eine Ablöse zu denken, wenn das eingesetzte Konsolidierungstool diesen Anforderungen nicht mehr gerecht wird.
In Zeiten der Digitalisierung gibt es geeignete Lösungsansätze, um den Informationsgewinnungsprozess ohne Bruchstellen „von der Quelle bis zur letzten Meile“ zu unterstützen. Immer öfter sind es die Aufsichtsorgane (IASB, EFRAG, AFRAG, BaFin, OeNB), die ein solches Vorgehen erwarten bzw. bereits durch entsprechende Regularien der IFRS bzw. BCBS239 fordern: Nachvollziehbarkeit der Datensammlung und Harmonisierung sowie Aggregation, um über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens einen umfassenden Status zu erhalten - mit unterschiedlichen Sichten auf die zugrundeliegenden Daten. Damit wird die Basis für faktenbasierte Entscheidungen gelegt.
Nun stellt sich die Situation in den Unternehmen meiner Erfahrung nach meist so dar, dass diese Anforderungen in unterschiedlichen Fachbereichen (Group Reporting, Group Consolidation, Accounting, Controlling) in unterschiedlichen Systemen und Datensilos nur schwer und mit viel manuellem Aufwand zu bewerkstelligen sind.
Ich werde mich den Herausforderungen dieses Themengebiets in einer dreiteiligen Serie widmen und dabei die folgenden Aspekte detailliert darstellen:
- Teil 1: Grundlagen eines effizienten Financial- Close- Process und der Konsolidierung
- Teil 2: Datenintegration, Harmonisierung und Validierung von Daten, auf der Ebene von Konten und Transaktionen mit Hilfe von Reconciliation-Tools und Automatisierung von Ladeprozessen
- Teil 3: Berichtserstellung, mit der „letzten Meile“, dem Disclosure Management und einem „Blitzlicht“ auf die ESG-CSR Anforderungen für die erweiterte nicht-finanzielle Berichterstattung an Stakeholder, wie Kunden, Investoren, Management und Mitarbeiter..
Teil 1: Grundlagen eines effizienten Financial Close Process und der Konsolidierung
Den klassischen Ablauf der Abschlusserstellung und die nötigen Voraussetzungen werde ich lediglich streifen, denn hierzu gibt es unzählige Abhandlungen, etwa die Studie von HORVÁTH „Closing 4.0“. Stattdessen werde ich mich auf einige wesentliche Aspekte beschränken.
So gilt es für eine effiziente Abschlussberichterstellung, sowohl organisatorische, fachliche, prozessuale als auch IT-systemtechnische Voraussetzungen zu beurteilen. Eine notwendige Voraussetzung für einen optimalen Abschlussprozess bilden zunächst die Organisation und Zuordnung von Verantwortlichkeiten innerhalb des Finanzteams in der Muttergesellschaft und bei den Ansprechpartnern der lokalen Gesellschaften.Hierfür schafft der frühzeitige Versand einer Abschlussplanung die Voraussetzungen und es ist empfehlenswert, neue Anforderungen in einer „Finanzklausur“ zu thematisieren.
Zudem reicht es nicht mehr aus, die „alten“ Gepflogenheiten weiter zu optimieren: Die „eindimensionale“ Kontensicht in der Konsolidierung hat „ausgedient“ – die erste Priorität ist, die Nachvollziehbarkeit und Richtigkeit einer ordnungsgemäßen Buchführung zu gewährleisten. Parallel gilt es bereits bei der Datensammlung unterschiedliche Anforderungen zu berücksichtigen, die sich nur durch eine multidimensionale Struktur gewährleisten lassen.
Insbesondere sind hier Multi-GAAP-Anforderungen in regionsübergreifenden Konzernen zu nennen:
local GAAP, IFRS und/oder US-GAAP führen zu deutlich unterschiedlichen Resultaten in der Substanz- und Ergebnisbetrachtung und erfordern unterschiedliche granulare Inputdaten.
Maßgeblich ist eine Multidimensionale Sicht, das heißt, vor allem dort, wo sich interne und externe Sicht „kreuzen“, gilt es für Synchronisierung zu sorgen. Folgende Perspektiven sind dabei relevant:
- nach legalen Gesellschaften - die legale Sicht auf den Konzern
- nach Segmenten - die den Steuerungsperspektiven und den Verantwortungsbereichen entsprechen
- nach Regionen - um auch Risikobereiche identifizieren zu können
- nach Kundensegmenten - je nachdem wie Sie Ihre Kunden „clustern“, um dadurch eine Optimierung der Ergebnisstruktur anzustreben
- nach Produktsparten – dies ist je nach Aufbau der Organisation eine wesentliche Sicht für den Unternehmenserfolg
- nach Nachhaltigkeitskriterien für ESG und CSR
Dies muss jeweils unter Wahrung der Bewertungs- und Ausweisrichtlinien erfolgen und für unterschiedliche Empfänger, verbunden mit einer Sicherstellung der Transparenz und Nachvollziehbarkeit bzw. Auditierfähigkeit.
Das folgende Schaubild zeigt den Accounting- und Financial-Close-Process mit den wesentlichen Aufgabengebieten und einem prozessbegleitenden Governance-&-Control-Ansatz.
Aus dieser Prozessdarstellung wird ersichtlich, dass es für eine Umsetzung in einer heterogenen IT-Landschaft - mit unterschiedlichen ERP- und Finanzsystemen im Konzern - der Etablierung einer Finanzplattform bedarf, in der die unterschiedlichen Prozesse, Funktionen und Sichtweisen „in den Händen des Fachbereiches“ liegen. Eine schematische Darstellung hierzu zeigt das folgende Schaubild:
Mit folgendem 5-Punkte-Programm schaffen Sie die erforderliche nächste Reifegrad-Stufe rund um Financial- Close Process und Konsolidierung:
Über „kurz oder lang“ wird es für Sie erforderlich sein, sich mit Punkt fünf zu beschäftigen und ein „visionäres Zielbild“ zu entwerfen, denn ohne integrierte Finanzarchitektur mit einem „single point of truth“ wird es nicht gelingen, die aktuellen und zukünftigen Anforderungen mit verhältnismäßigem Ressourceneinsatz zu bewältigen.
Dazu bedarf es einer „Roadmap Financial- Close- Process“, die wir exemplarisch folgendermaßen sehen:
Fazit
Die tatsächliche Geschwindigkeit und die Qualität des Abschlussprozesses wird vor allem durch eine sach- und zeitgerechte Planung des gesamten Kernprozesses und seiner Teilprozesse bestimmt. Hierbei zahlt es sich aus, wenn die Monats- und/oder Quartalsabschlüsse bereits unterjährig mit Hilfe von Tools wie Checklisten, Ablaufbeschreibungen u.a. transparent und nachvollziehbar durch die Verantwortlichen „gelebt“ werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass letztlich kein Weg an der Einführung bzw. Erweiterung Ihrer Finanzsysteme vorbeiführt. Die gute Nachricht: Im Zeitalter der allumfassenden „Digitalisierung“ gibt es effiziente und zielführende Lösungen und Technologien, deren Einsatz bewährt sind und die sich reibungslos implementieren lassen.