Veränderungen im Kundenverhalten, neue Bewertungskriterien am Kapitalmarkt oder regulatorische Anforderungen: Unternehmen können sich dem Thema Nachhaltigkeit heute nicht mehr entziehen. Unsere 8-teilige Serie zum Thema „Green Controlling“ beschäftigt sich mit den wesentlichen Punkten aus unserem Whitepaper „ESG-Reifegradmodell - Vier Stufen für ‚Green Controlling‘ im Unternehmen“. In diesem Teil betrachten wir erstmals genauer das ESG-Reifegradmodell, das als Grundlage zur Einordnung von Unternehmen dient.
Ermittlung des Reifegrads und möglicher Entwicklungspfade
Unternehmen verankern Nachhaltigkeit mehr und mehr in ihrer Geschäftsstrategie. Sie befinden sich dabei an verschiedenen Punkten: Manche stecken mitten in der Umstellung zu grüneren Geschäftsmodellen, andere fokussieren sich zunächst auf die Erfüllung von Berichtspflichten.
Obwohl Berichtspflichten wichtig sind, müssen Unternehmen langfristig ein Berichtswesen aufbauen, das auch ihre Nachhaltigkeitsziele fördert. Jedes Unternehmen hat eine einzigartige Situation, aber es gibt bestimmte Schritte, die alle Firmen individuell anwenden können. So entwickelt sich eine maßgeschneiderte "Green Controlling Journey".
Die Reise beginnt mit folgenden Schlüsselfragen:
- Wo steht Ihre aktuelle Nachhaltigkeitsstrategie und wo könnte sie realistisch in den nächsten 3-5 Jahren stehen?
- Welche Kennzahlen sind entscheidend für die Umsetzung Ihrer Strategie und wie können sie aus Rohdaten berechnet werden?
- Welche Daten liegen Ihnen jetzt vor, welche benötigen Sie zusätzlich jetzt oder in der Zukunft und wie könnte die Datenerfassung automatisiert werden?
Einordnung in das ESG-Reifegradmodell
Das ESG-Reifegradmodell unterstützt Unternehmen dabei, ihre Position in Bezug auf die drei oben genannten Fragen zu bestimmen. Basierend auf ihrer aktuellen und angestrebten Position in den nächsten 3-5 Jahren, liefert das Modell präzise Empfehlungen und Handlungsschritte. Wichtig ist, dass jede Organisation genau dort einsteigen kann, wo ihr aktueller Reifegrad ist. Die einzelnen Stufen werden wir in den folgenden Blogbeiträgen detailliert besprechen. In diesem Beitrag konzentrieren wir uns zunächst auf den generellen Aufbau des Modells.
Das Modell geht davon aus, dass Organisationen unterschiedliche Pfade wählen können, um die benötigten Reporting-Strukturen einzuführen – und diese Pfade erfordern jeweils einen unterschiedlichen Aufwand. Soll in ein tägliches, hochautomatisiertes Berichtssystem investiert werden oder genügt es zunächst, jährlich Excel-Tabellen zu sammeln und zusammenzuführen? Eine gründliche Kosten-Nutzen-Analyse ist essentiell, um den passenden Weg zu wählen, wobei der spezifische Nutzen des Nachhaltigkeits-Controllings aus dem Kontext der Nachhaltigkeitsstrategie resultiert.
Obwohl diese Nachhaltigkeitsstrategien sehr individuell sein können, ermöglicht das Reifegradmodell eine allgemeine Einteilung in verschiedene Stufen. Das Modell basiert auf den Dimensionen "strategische Ausrichtung" und "technologischer Reifegrad". Unternehmen können sich somit hinsichtlich ihrer Ziele und der vorhandenen oder benötigten Technologie einordnen. Je nach Position im Modell können dann spezifische Maßnahmen ergriffen werden, um die Nachhaltigkeitsziele systematisch zu erreichen.
Abbildung 1: Das ESG-Reifegrademodell
Überblick zu den technologischen Anforderungen pro Stufe
Die technischen Einzelheiten der vier Stufen beleuchten wir in den kommenden Beiträgen genauer. Hier möchten wir Ihnen jedoch schon eine grobe Einordnung ermöglichen und erklären, wie die Stufen entstehen. Zunächst muss ein Unternehmen Daten für sein Nachhaltigkeits-Reporting sammeln und daraus relevante Kennzahlen berechnen. Dabei stellen sich drei wesentliche Fragen:
- Welche Anforderungen gibt es für das Reporting?
- Woher stammen die benötigten Daten?
- Wie lassen sich diese aus den Rohdaten berechnen?
Häufig wählen Unternehmen zu Beginn einen pragmatischen Ansatz: Manuelle Datenerfassung und -verarbeitung in Excel. Dies ist sinnvoll, wenn das Unternehmen noch am Anfang steht und der Schwerpunkt mehr auf den Inhalten und der Organisation liegt als auf der technischen Umsetzung. Excel bietet eine bewährte und flexible Lösung zum Erfassen, Überprüfen und Analysieren von Daten. Doch es gibt auch Nachteile. Der manuelle Prozess ist zeitaufwendig und fehleranfällig. Wächst die Datenmenge, wird das konsistente Sammeln und Verwalten der Daten immer herausfordernder. Zudem sind die Berechnungsabläufe für die ESG-Kennzahlen für Wirtschaftsprüfer schwer nachvollziehbar. Langfristig ist also ein Konzept für die vier zentralen Aufgabenbereiche notwendig:
Abbildung 2: Die vier Aufgabenbereiche für den Datenfluss
Es ist wichtig, diese Bereiche schrittweise zu digitalisieren. Damit können Prozesse automatisiert werden und es wird sichergestellt, dass die Daten korrekt und vollständig sind. Außerdem ermöglicht die Digitalisierung eine schnellere und einfachere Überprüfung und Analyse der Daten - ein entscheidender Faktor für externe Audits und Zertifizierungen. Der technologische Pfad zu diesem Ziel lässt sich in vier Stufen gliedern, die mit der grundsätzlichen strategischen Ausrichtung der Organisation korrespondieren:
- Stufe 1: Grundlösung basierend auf Excel
- Stufe 2: Teilautomatisierung für Auditfähigkeit
- Stufe 3: Vollautomatisierung für mehr Effizienz und weniger Aufwand
- Stufe 4: Einführung einer „ESG-Kostenrechnung“
Wie die technische Umsetzung der einzelnen Stufen aussieht, ist Gegenstand des vierten Teils dieser Serie.